Seit sich herumgesprochen hat, dass Monsieur Mazda bei mir eingezogen ist, häufen sich die Anfragen diverser Autospinner. Von wann ist der, warum kenn ich den nicht, gab´s den bei uns überhaupt? Zeit, Licht ins Dunkel zu bringen.
Der Mazda 929 gilt als Mazdas gehobene Mittelklasse. Wobei das erst mit dem LA4 konsequent umgesetzt wurde. Schauen wir uns zur Einordnung den Vorgänger an, den 929 LA2, der ab 1974 in Österreich verkauft wurde:

Auch der ist damals schon die Speerspitze des Mazda-Modellprogramms, aber als Limousine nur 4,24 Meter lang. Das Coupe kommt auf 4,32 Meter, der Kombi auf 4,40 Meter. Als einzigen Motor gibts bei uns einen mickrigen 1,8 Liter Vierzylinder mit knapp 80PS. Costa quanta? Als Limousine im Jahr 1976 ab 97. 950 Schilling. Gehobene Mittelklasse oder gar Oberklasse sieht anders aus. Größenmäßig genauso wie bei Motor und Preis. Bei Toyota gibts den Crown, bei Datsun den 200L und darüber den hierzulande gern vergessenen 260C. Alle mit Sechszylinder, erheblich größerer Karosserie und im Fall des Crown doppelt so teuer wie der bescheidene 929 LA2.
Nach vier Jahren ist es dann höchste Zeit für einen Nachfolger. Für ein Auto, dass den damaligen Erfolg Mazdas auch nach außen kommuniziert. Und 1978 kommt endlich der Held der Geschichte ins Spiel – der 929L mit dem Werkscode LA4 erscheint.




Und der fällt deutlich wuchtiger aus. Die Limousine ist ganze 40 (!) Zentimeter länger als der Vorgänger, macht optisch viel mehr her. Wirkt aber auch 1978 schon nicht mehr neu oder gar modern. Mit seinem sehr barocken Design findet er sich irgendwo zwischen dem Mercedes-Benz /8 und dem Dodge Monaco wieder.



Das Coupe entfällt, stattdessen gibts aber plötzlich zwei Stufenheck-Limousinen. Eine mit niedrigerer Dachlinie, rahmenlosen Seitenscheiben und umfangreicherer Ausstattung, den „Hardtop“ (Bild unten links). Und eine mit etwas aufrechter stehender Windschutz- und Heckscheibe, 3 cm mehr Innenhöhe, Türen mit Scheibenrahmen und abgespeckter Ausstattung, den „Sedan“ (Bild unten rechts).


In Österreich werden nur der Hardtop und der Kombi angeboten. Auch wenn im Typenschein ein Sedan abgebildet ist und der Hardtop lediglich mit einem Zusatz-Einlegeblatt erwähnt wird. In Deutschland hingegen wird nur der Sedan verkauft, das Hardtop nicht angeboten. Und in Frankreich gibts den Sedan als Einstiegsmodell, darüber den luxuriöseren Hardtop. Und als Arbeitstier natürlich den Kombi:

Technisch bleibt der 929 LA4 leider ein wenig hinter den Erwartungen zurück. Der einzige bei uns erhältliche Motor ist ein brummiger 2 Liter Vierzylinder mit 90PS, der die Hinterachse antreibt. Ein Wankelmotor ist außerhalb Japans etwa in Griechenland erhältlich, dann wird aus dem 929L der RX9. Auch einen Saugdiesel und den kleinen 1800er aus dem Vorgänger soll´s zumindest in Japan gegeben haben. Ein g´scheiter V6, der unter der riesigen Motorhaube leicht Platz hätte, fehlt leider. Im Heck werkelt noch immer eine starre Achse, bei der Limousine aber wenigstens schon mit Schraubenfedern. Der Kombi rumpelt immer noch mit Blattfedern über den Asphalt. Robust, langlebig und sehr zuverlässig. Aber schon damals nicht aufregend.
Und auch die Optik dürfte selbst Ende der 1970er Jahre nicht uneingeschränkt auf Zustimmung gestoßen sein. Nicht einmal beim Importeur. In der Modellankündigung klingen die ersten paar Sätze fast ein wenig entschuldigend:

Heute lustig zu lesen: Damals bemüht man sich, von der gängigen „Die Japaner kopieren die Amis“ – Meinung abzulenken, in dem man britische Luxusautos als Vorbild für den 929L anführt. Aber der große Verkaufserfolg dürfte der LA4 der ersten Serie nicht gewesen sein. Zumindest, wenn man nach der Zahl der überlebenden Exemplare geht. Die erste Serie mit den Charaktergesicht und den kleinen Rückleuchten ist europaweit fast ausgestorben, gute Exemplare lassen sich ab einer Hand abzählen.
Schon im Laufe des Jahres 1980 folgt die Markteinführung des Facelifts, der zweiten Serie. Optisch stark verändert, technisch identisch mit dem Ur-Modell. Aus dem /8 – Design wird das W123 – Design, wenn man so will. Aus den übereinander stehenden Scheinwerfern werden große horizontale Blöcke, die zierlichen Rückleuchten weichen deutlich wuchtigeren Exemplaren.


Dieses Facelift verändert das Erscheinungsbild des 929 LA4 komplett. Trotz fast identischer Außenabmessungen wirkt der 929 LA4 der zweiten Serie viel breiter und wuchtiger. Und auch der Importeur scheint mit dem neuen Look deutlich glücklicher gewesen zu sein:

Im Innenraum gibts andere Sitze, ein schlichteres Lenkrad, andere Stoffe und kleine Änderungen am Armaturenbrett.
Das Facelift dürfte Wirkung gezeigt haben, der geliftete 929 LA4 verkauft sich bei uns etwas besser, es überlebt eine überraschend große Anzahl an Exemplaren bis heute. Doch 1982 ist schon wieder Schluss für den LA4, der zumindest optisch deutlich zeitgemäßere Nachfolger 929 HB (Foto unten) steht bei den Händlern.

Doch wie sonst eher nur bei Volvo üblich, wird der Kombi der alten Modellreihe einfach weiterhin produziert und angeboten. Auch bei uns in Österreich. Optisch etwa mit schwarz lackierten Stoßstangen und einem sachlicheren Kühlergrill an die 80er angepasst, gibt´s ihn parallel zum 929 HB weiter zu kaufen.

Immer noch mit blattgefederter Hinterachse. Als der 929L dann im März 1987 das erste Mal nicht mehr in der Preisliste der AutoRevue auftaucht, ist er als Kind der 70er schon ein Fossil und seine etwas steinige Karriere endgültig vorbei. Zumindest bei uns.
In China wurde der Kombi als Haima HMC6470L noch von 1992 bis 2002 (!) weiter produziert:


Und heute? Ist der 929 LA4 als Klassiker in der Szene angekommen?
Schwierig. Das Coupe vom Vorgänger LA2 gilt als anerkannter Klassiker, ist nicht nur als RX4 mit Wankelmotor schon richtig teuer und gesucht. Um die letzte bei uns verkaufte Generation des 929, den HC, bildet sich langsam auch eine Liebhaberszene. Aber der 929L LA4? Als Facelift findet er in der Szene durchaus statt, es gibt sie. Es tauchen auf Treffen immer wieder welche auf. Selbst ein paar späte Kombis existieren noch. Bloß die erste Serie, die scheint fast ausgelöscht zu sein. Nicht nur auf der Straße. Auch in den Garagen der Szene-Insider und in den Köpfen der Japan-Enthusiasten kommt er nicht mehr vor. Ist er wirklich zu skurril, optisch zu unbeholfen?


Lukas
Ein Kommentar zu “Mazda 929 LA4 – Die angegraute Eminenz”