Von Eintrittskarten und Geduldsfäden

Luxusprobleme sind doch etwas Schönes, weil man wohl keine anderen Sorgen hat. Und doch halten sie einen wach. So auch mich, die letzte Nacht.

Lasst mich ein wenig ausholen – Ich hatte immer alte Autos, neben meinen Alltagsgefährten. Meistens aus den 80ern. Als ich damit angefangen habe, waren das ältere Gebrauchte. Mittlerweile sind sie Oldtimer. Aber optisch sind es Gebrauchte geblieben.

Und dann kam Monsieur Mazda, alias „Das Froscherl“. Mein erstes Auto aus den 1970er Jahren. Mein erstes Auto, das zweifelsfrei als Oldtimer wahrgenommen wird. Für den roten 1800er Subaru (rechts oben) war es Mitte der 2000er noch zu früh, heute würde das auf ihn auch zutreffen. Auch wenn sein Zustand schon damals erbärmlich war. Und so wurde erst der Mazda 929L meine Eintrittskarte in die Welt der „echten Oldtimer“. Inklusive sofortiger Einfahrtserlaubnis auf jeden Treffenparkplatz. Inklusive verdrehter Passanten-Köpfe. Inklusive hochgestreckter Daumen. Und inklusive winkender Kindern am Straßenrand.

Ich hör schon die Beschwerden. „Mir ist das egal, ich brauch das nicht!“, „Ich fahr meine Autos für mich, nicht für andere!“, usw., etc., pp. … Und doch freut sich fast jeder, wenn sein Auto fotografiert, bestaunt oder wertgeschätzt wird. Und doch ärgert sich fast jeder, wenn sein 80er-Jahre-Liebhaberstück bei einschlägigen Treffen vom Einweiser mit „Des is a scho a Oidtaima?“ begrüßt wird. Passiert dir mit Monsieur Mazda garantiert nicht.

Die Welt der „echten“ Oldtimer ist abseits der Ennstal-Classic-Bussibussi-Schickis aber auch eine Welt der Schrauber, der Tüftler, der Selfmade-Männer. Nur echt mit Dreck unter den Fingernägeln, Smalltalk über Vergasereinstellungen und Bier um 10 Uhr Vormittags. Meist ältere Herren, die sich trotz bescheidenem Handwerker-Gehalt die Autos ihrer Jugend in der heimischen Doppelgarage neu aufbauen. Und dabei, mangels Budget, fast alles selber machen.

Und da gehör´ ich halt einfach nicht dazu. Ich mach einen Ölwechsel selber. Zündkerzen oder einen Kraftstofffilter tausch ich auch aus. Aber das war´s dann. Von Vergasern versteh ich nichts, eine Kupplung hab ich noch nie selbst getauscht und darüber hinaus hab ich gar keine Lust, mich in meiner Garage mit öligen, schmierigen und nach Benzin stinkenden Fahrzeugteilen dreckig zu machen. Vielleicht auch noch am Boden unterm Auto liegend. Nein, danke! Also bleibt mir nur der Besuch einer Werkstatt.

Und da kommt der Geduldsfaden ins Spiel. Oldtimerkunden sind bei Werkstätten meist schwierige und anspruchsvolle Kunden. Haben aber in der Regel keinen Zeitdruck. Leider weiß man das auch bei besagten Werkstätten.

Wenn ich mit meinem Alltagsauto zur Vertragswerkstatt fahre, bekomm ich einen Termin um 11:00 oder um 14:30 am Donnerstag oder am Montag. Ich fahr hin, es wird erledigt und ich fahr wieder heimwärts. Sollten Teile benötigt werden, bleibt der Wagen entweder solange vor Ort, bis die Teile gekommen sind oder man nimmt ihn wieder mit und macht einen neuen Termin zur Reparatur. Easy cheesy. Meiner Erfahrung nach ist man bemüht, die Verweildauer des Kundenfahrzeugs am Werkstättenhof möglichst kurz zu halten.

Bei Oldtimer-Werkstätten ist das offenbar anders. Da heißt es meistens – „Bring ihn mir am Montag vorbei“, oder „Im Laufe der Woche kannst ihn herstellen“. Der Enthusiast stellt ihn freudvoll hin und… es passiert erstmal nichts. Ein paar Tage später die erste Nachfrage, wie weit man denn sei. „Noch sind wir nicht dazu gekommen. Aber Anfang kommender Woche sicher!“ Und so zieht sich das oft über Wochen oder gar Monate. In denen das sonst so überbehütete Schätzchen jeden Tag mit kaltem Motor in der Werkstatt herumrangiert, mal rausgestellt und dann wieder reingestellt wird. Weil es dem Tagesgeschäft im Weg ist. Gift für die Nerven des zimperlichen Oldtimer-Besitzers. So viele Kaltstarts wie in dieser Zeit hat der Wagen sonst die ganze Saison nicht.

Besser wäre es, man würde allfällige Arbeiten doch selbst durchführen. Wie es in der bodenständigen, volkstümlichen Oldtimer-Szene ohnehin üblich ist. Sich in seiner Garage mit öligen, schmierigen und nach Benzin stinkenden Fahrzeugteilen dreckig machen. Vielleicht auch noch am Boden unterm Auto liegend.

Oder man beschränkt sich auf den Besitz von Neu- und Gebrauchtwagen. Die sind auch beim Vertragshändler noch gut aufgehoben. Die Eintrittskarte in die Welt der „echten“ Oldtimer geht dann aber verloren.

L

Veröffentlicht von Lukas

Mit Herz und Hirn - immer hinterm Lenkrad und am Puls der Straße.

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