Drei Dinge, die ich an dir hasse!

Einen Themen-Vorschlag habe ich schon einige Male per Mail von euch bekommen. Ihr möchtet wissen, was ich an meinen Fahrzeugen liebe und was ich an ihnen hasse. Kein Problem, ich hab mir zu jeder Gurke drei Punkte überlegt.

Der Alltagsheld – 2018 Toyota Auris TS 1.8 HSD

3 Dinge, die ich an ihm liebe:

  • Den Antriebskomfort des Hybrid Synergy Drive. Nicht nur im Vergleich zum furchtbaren 7-Gang-DSG aus Wolfsburg sorgt die Kombi aus kultiviertem Saugrohreinspritzer und sanftem, ruckfrei und verschliffen agierendem Planetengetriebes auch fast 5 Jahre nach Neukauf immer noch für Entspannung hinterm Steuer. Und elektrisch durch Parkgaragen oder Wohnstraßen zu cruisen, ist für mich einfach toll. I´m loving it, den Hybrid.
  • Die Optik des Armaturenbretts. Es baut sich vor den Insassen auf wie die hohe Wand und sorgt so für Geborgenheit. Sein bei modernen Autos obligatorischer Infotainment- und Navigations-Bildschirm sitzt nicht oben auf dem Armaturenträger drauf, als ob er vergessen und nachträglich drangebastelt wurde, sondern ist schön integriert. Und es gibt für die meisten Funktionen immer noch „physische Tasten“. Zumindest nennt man das heute so.
  • Die geringen Unterhaltskosten. Kleine 16-Zoll-Räder sind komfortabel und sehr günstig zu kaufen und zu montieren. Der Verbrauch ist auf dem Niveau eines kleinen Diesels mit Schaltgetriebe. Steuer und Versicherung sind sehr günstig, weil nur die nominelle Leistung des Benziners versteuert werden muss, nicht die Systemleistung. Und der Werterhalt in den letzten 4 1/2 Jahren war erstklassig, auch im Vergleich zum normalen Benziner oder Diesel.

3 Dinge, die ich an ihm hasse:

  • Das Platzangebot. Als „Touring Sports“ genannter Kombi ist er die verlängere Version des normalen Auris Hatchback. Und der galt im Konkurrenzumfeld schon als eher kleinerer Kompakter. Der Kombi ist zwar gute 30cm länger als der Hatchback, aber nur im Heck, denn der Radstand blieb gleich. Die Beinfreiheit auf der Rückbank ist auf Kleinwagen-Niveau. Und durch die abfallende Dachlinie und das schräg stehende Heckfenster ergibt sich ein sehr flacher Kofferraum. Für einen 4,6 Meter langen Kombi ist er innen eng.
  • Die wenig harmonische Seitenansicht. Ich bin froh, wenn ich den Auris nicht von der Seite sehen muss. Denn harmonisch ist anders. Die Motorhaube steigt sehr steil und mit Fußgängerschutz-Buckel an, der Radstand ist kurz, der Hecküberhang sehr lang. Designpreis lässt sich damit bestimmt keiner gewinnen. Gut, dass man ihn beim Fahren nicht von außen sieht.
  • Den kaum vorhandenen Rostschutz. Er wurde als Neuer mit Unterbodenwachs behandelt, auch ein Hohlraumschutz wurde durchgeführt. Mehr schlecht als recht, aber ich hab gewissenhaft nachgearbeitet. Jetzt, 4 1/2 Jahre und 50.000km später, zeigen sich schon die ersten Spuren von Korrosion. An Schrauben im Motorraum genau so wie an Fahrwerksteilen. Selbst das Rohr für den Ölmessstab sieht aus, als würde es bald abfaulen. Wird beim nächsten Service erneuert. Garantiert.

Der Sonderling – Nissan Prairie 1.5 GL

3 Dinge, die ich an ihm liebe:

  • Sein Konzept. Als Wegbereiter der Compact-Vans, als erster und einziger PKW mit zwei Schiebetüren, aber ohne B-Säule und als genialer Großraum-Wagen auf der Grundfläche eines heutigen Kleinwagens war und ist er schlicht genial. Immer noch verkannt und zu unrecht von der schreibenden Zunft ignoriert, ist und bleibt er aber ein Meilenstein in der Geschichte des Automobilbaus. Ja, wirklich!
  • Seine Details. Aufgrund seines bahnbrechenden und sehr radikalen Konzepts bietet er sehr viele interessante, faszinierende und spannende Details, die es zu entdecken gilt. Selbst nach über 3 Jahren, in denen ich mich jetzt mehr oder minder intensiv mit diesem Modell beschäftige, entdecke ich immer noch etwas Neues. Es wird nicht fad mit dem Prairie.
  • Seine Anziehungskraft. Ich hatte in den letzten 20 Jahren Führerschein 25 Autos. Da waren viele alte und/oder besondere Kisten dabei. Aber mit keiner dieser anderen Kisten haben sich so viele nette Gespräche und lustige Situationen ergeben wie mit dem Prairie. Man wird oft angesprochen und natürlich lasse ich keine Gelgenheit aus, ihn vorzustellen und Führungen durchs Fahrzeug zu machen. Ein richtiger Sympathieträger. Wer braucht da noch einen Hundewelpen?

3 Dinge, die ich an ihm hasse:

  • Den fehlenden Zusammenhalt. Es gab laut Statistik Austria im Jahr 2020 noch 34 angemeldete Prairie 1.5 in Österreich. Gar nicht sooo schlecht. Aber die Besitzer dieser Dinger verstecken sich offenbar. Prairies tauchen nicht bei Treffen auf, ihre Besitzer nicht im Internet. Es scheint niemand Interesse an einem Erfahrungsaustausch oder anderweitigen Aktivitäten zum Erhalt der überlebenden Exemplare zu haben.
  • Die Marktsituation. Es gibt sie, da draußen, die Prairies. Doch es sind keine klassischen Oldtimer oder Liebhaberautos, die man genießt, pflegt und nach einiger Zeit wieder gegen ein anderes Spielzeug tauscht. Prairie-Besitzer sind treue Seelen. Sie nutzen ihre Fahrzeuge, bis gar nichts mehr geht. Dann werden sie verschrottet oder enden als Gartenhütte oder Lagerraum im Hinterhof. An einen Guten zu kommen, ist fast nicht möglich. Verkauft wird erst, wenn er fertig ist. Oder gar nicht.
  • Die verpasste Chance. Dass das geniale Konzept des Prairie nicht weiterverfolgt wurde, ist ein Jammer. Schon der Nachfolger M11 war schlicht beliebig, kam nicht an den Prairie M10 ran. Heute, 40 Jahre später, wäre ein Prairie M10 mit 5-Sternen im EuroNCAP und dem Hybrid-Antriebsstrang aus meinem Auris das perfekte Familienauto und ein echter Traum für mich. Man reiche mir den Kaufvertrag!

Der Oldtimer – Mazda 929L

3 Dinge, die ich an ihm liebe:

  • Seine Optik. Als er präsentiert wurde, war er schon veraltet. Der zehn Jahre ältere NSU Ro80 oder der gleich alte Saab 900 wirken neben ihm wie Fahrzeuge aus der Zukunft. Und gerade das macht ihn heute reizvoll. Weil er aussieht, wie ein „richtiger“ Oldtimer aussehen muss. Kantig, aufrecht, ein bisschen tapsig. Mit viel Chrom.
  • Seine Robustheit. Unter der Haube ein anspruchsloser Bauernmotor, der mit minimalster Wartung nie kaputt geht. Ein simples Schaltgetriebe mit vier Gängen und eine starre Achse im Heck, die nach Pick-Up aussieht. Kein Wunder, dass die Dinger im ländlichen Ägypten heute noch als Taxis unterwegs sind.
  • Seine Szene. Ja, richtig gelesen – die gibts. Groß ist sie nicht. Aber die Leute, die sich fast weltweit um den 929L kümmern, sind die richtigen Leute. Sympathische Idealisten, denen Marktwerte oder das Fahrzeugimage egal sind. Die einem hilfsbereit zur Seite stehen und denen es eine Herzensangelegenheit ist, die Dinger zu erhalten.

3 Dinge, die ich an ihm hasse:

  • Seine technische Anspruchslosigkeit. Zumindest indirekt. Denn sein Bauernmotor hält zwar ewig und zieht schon ab Leerlaufdrehzahl los wie ein Ackergaul. Ist aber drehunwillig, brummig und klingt bei keiner Drehzahl in keinem Gang besonders ansprechend. Auch die starre Achse im Heck ist zwar robust und ewig haltbar, aber wirklich schön fährt das nur bei gemütlichem Tempo geradeaus.
  • Seine Seltenheit. Grundsätzlich ist selten ja gut. Macht es Autos doch spannend und interessant. Jeder, der auf einem Treffen am siebenten Porsche 911 vorbeigegähnt hat, kann das bestätigen. Aber bei ihm schlägt Seltenheit in Unbekanntheit um. Kaum jemand kennt ihn, niemand verbindet Erinnerungen mit ihm. Der Wiederverkauf wird kein Spaß. Davor graut mir heute schon.
  • Die Teilesituation. Ja, auch mir geht das ständige Ersatzteilgejammer auf die Nerven. Aber bei dem Ding dürfte es berechtigt sein. Selbst simple Verschleißteile, die auch ein Oldtimer braucht, um auf der Straße zu bleiben, gibt´s wohl teilweise nur per sehr kostspieliger Nachfertigung auf Einzelbestellung oder halt gar nicht mehr. Ohne die Mazda Classic Spezialwerkstätte von Rupert Mandl und ohne Hilfe der kleinen, aber sehr feinen Szene spielt sich gar nichts ab.

So, jetzt wisst ihr mehr. Das schöne an solchen Rankings ist – sie sind höchstgradig subjektiv. Das hat den Vorteil, dass man wunderbar diskutieren und anderer Meinung sein kann. Dass aber keiner der Diskutanten Recht oder Unrecht hat, sondern einfach nur einen anderen Geschmack, andere Prioritäten oder eine andere Sicht der Dinge. Coole Sache, das.

Lukas

Veröffentlicht von Lukas

Mit Herz und Hirn - immer hinterm Lenkrad und am Puls der Straße.

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