Die Qual der Wahl…

… oder wohl eher „Die Last der Entscheidung“. Denn auch Probleme werden nicht leichter, nur weil sie Luxusprobleme sind.

Anfang 2013, Traiskirchen im Süden von Wien. Ein grüner Pajero strandet nach jahrzehntelangem Erstbesitz und einigen Monaten Werkstatt-Odyssee aufgrund eines Motorschadens an einer Tankstelle. Durch einen glücklichen Zufall entdecke ich ihn rechtzeitig und nehm ihn mit.

Mein fünfter Pajero. Gekauft mit der Absicht, ihn zu erhalten. Denn in Sachen Zustand ist er sensationell, die aufopfernde Pflege des Johann Z. aus Schwechat hat ihn gerettet. Es sind die falschen Felgen drauf, die Zusatzsitze im Kofferraum fehlen und zur Historie weiß ich gar nichts. Egal, ich hab einen erstklassigen, fast rostfreien L040. Natürlich sieht er auch bei mir keinen Winter, ist nie Alltagsauto. Zumindest nicht über längere Zeit hinweg. Ich bin damals Laterndlparker in Wien, der Pajero steht 50 Wochen im Jahr in der Garage in der Steiermark.

Und doch erleben wir so Einiges mit dem Ding. Ausflüge ins Waldviertel, Fotosessions auf der Donauinsel, zahlreiche Teilnahmen an Oldtimerausfahrten und -treffen. Und auch das – mit ein wenig Erfahrung gar nicht so dramatische – Prozedere zur Eintragung als historisch erhaltenswertes KFZ mache ich mit ihm das erste Mal durch. Von der anfänglichen Verwirrung ob der Bürokratie (Danke, Rainer!) bis zur Nervosität beim Landesregierungs-Termin. Grundlos, wie sich schnell herausstellt.

Ein besonderer Moment – seine so ziemlich einzige Fahrt im strömenden Regen. Am 5. September 2017. Warum ich das so genau weiß? Weil das die erste Autofahrt meines Erstgeborenen war. Ich wollte ihn unbedingt mit dem Pajero vom Krankenhaus holen. Da war mir ausnahmsweise sogar strömender Regen egal. Sonst aber lebt der Pajero auch bei mir wie es sonst nur 911 Speedster und 300 SL Flügeltürer tun. Immer trocken, auf einem Teppich in der Garage. Kein Regen, kein Winter, kein Anhänger, kein Gepäck, kein Gelände. Laufleistung? Meist nur ein Tank (92 Liter) im Jahr.

Sogar die Schmutztackerln werden poliert

Er ist wieder original, Wartung und Reparaturen gibts immer ohne Rücksicht auf Kosten mit Originalteilen und sogar die Zusatzsitze hab ich durch einen großen Zufall (<- LESEN!) wieder gefunden. Die Historie des großen Grünen hab ich erfolgreich aus dem Nebel der Vergangenheit geholt. Jetzt ist er lückenlos dokumentiert und natürlich auch kaskoversichert. Ums Dreifache des damaligen Kaufpreises, der 2013 schon am oberen Rand lag. Aber die erste Generation des Pajero mausert sich langsam zum Klassiker. Die Preise steigen seit einigen Jahren sanft, seit letztem Jahr fast sprunghaft an.

Jetzt bin ich in 8 1/2 Jahren knapp 10.000km mit dem Pajero gefahren. Natürlich pannenfrei, unfallfrei und ohne jegliches Problem. Er war in den letzten Jahren in drei Zeitschriften, zwei Kalendern und einem Autoquartett. Alles piccobello, also wo ist das Problem?

Ich bin Jäger, nicht Sammler. Ich hab Gott sei Dank nur Platz für maximal drei Oldtimer. Und ich hab Lust auf etwas anderes:

Ein Reihenvierzylinder-Diesel ist kein Fahrspaß-Garant, ich hätte gerne mehr Heferln und mehr Sound. Durch die extrem kurze Übersetzung sind Autobahnfahrten lästige Pflicht, nicht lustvolles Vergnügen. Und dass mir die zierlichen Sitze nach einer Stunde Fahrt Kreuzschmerzen bereiten, kommt oben drauf. Also verkaufen?

Noch nie hab ich ein Auto so lange besessen. Einen originalen L040 mit so einer Substanz bekomme ich nie wieder. Wenn ich über das makellose Velours streiche, wird mir warm ums Herz. Und dass er innen nicht nach Zigaretten oder totem Wild stinkt, sondern so wie ein Pajero im Schauraum halt gerochen hat, macht die Entscheidung nicht einfacher.

Behalten, obwohl er mir keinen Fahrspaß mehr bereitet? Verkaufen, obwohl er mit jedem Jahr noch teurer und seltener wird? Und wenn ja, an wen? Findet sich jemand, der ihn so verhätschelt, wie es sein Erstbesitzer und ich gemacht haben?

Klar, es ist ein Luxusproblem. Aber das macht die Entscheidung nicht leichter…

Lukas

Veröffentlicht von Lukas

Mit Herz und Hirn - immer hinterm Lenkrad und am Puls der Straße.

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