Marktbeobachtungen

Seit einiger Zeit ist richtig Bewegung drin, im Oldtimer-Markt. Leider nicht im gleichnamigen Magazin, aber auf Willhaben und Co.. Was sich dort abspielt und wie die Rahmenbedingungen zur Zeit sind, erzähl ich euch gern.

Wir alle merken es, viele alte Hasen wollen es nicht wahrhaben – Die Nachfrage nach spannenden, besonderen Autos der letzten 40 Jahre ist massiv gestiegen. Und damit auch die Preise. Die Pandemie oder der Krieg in der Ukraine sind wohl Gründe dafür. Aber auch der politische Zwang hin zur Elektromobilität, das Downsizing bei modernen Autos, ein Zurücksehnen in vermeintlich „bessere Zeiten“, eine gewisse Torschlusspanik hinsichtlich eines Verbrennerverbots und in den letzten wenigen Jahren auch die hohe Inflation. Es ist trotz um sich greifender Jammerei genug Geld im Umlauf, immer noch. Und das will geparkt werden. In den Garagen und Hallen des Landes.

Vor 10 Jahren waren spannende und begehrenswerte Autos aus den 1980er Jahren noch für unter 10.000€ zu bekommen. Nicht alle, aber sehr viele. Zur Zeit jedoch zeigt sich, dass unterhalb dieser Marke auf willhaben fast nur noch all jene Autos dümpeln, die A) entweder zustandsmäßig fragwürdig sind und daher von den Freunden, Bekannten und Verwandten des Besitzers keiner haben wollte oder B) aufgrund mangelnden Faszinationspotentials zwar einmal tolle Alltagsautos waren, aber als Liebhaberfahrzeug auch im Alter sehr blass bleiben.

Wer heute „etwas Besonderes“ will, muss bis auf wenige preisgünstigere Ausnahmen mindestens im Bereich zwischen 15.000€ und 25.000€ schauen. Da fängt es mittlerweile an, begehrenswert zu werden. Da sind auch viele der bekannten Autogesichter von vor Jahren – die man immer locker vierstellig haben konnte – hin aufgestiegen. Japanische Geländewagen, deutsche Sechs- und Achtzylinderlimousinen, französische Kult-Studentenkisten, italienische Cabrios, US-V8-Blubberanten. Unter 10.000€? Vergiss es! Aber freut euch nicht zu früh – Mitunter sind auch 25.000€ erst der Anfang. Viele Stars des Autoquartetts der 80er-Jahre-Kindheit gehen sich da noch längst nicht aus. Dafür darfs dann auch schnell mal in die Region einer klassischen Million Schilling gehen. Egal ob das ein BMW M3 E30, ein Audi RS2 Avant oder ein Lancia Delta Integrale ist.

Zur Zeit manifestiert sich auch der Wandel hin zu den 1990ern. Die etablierten Klassiker früherer Jahrzehnte sind längst in höhere Preissphären entschwunden. Mittlerweile ist auch Spannendes aus den 90ern zunehmend gefragt und sehr schnell verkauft. Zumindest dann, wenn es irgendeine Besonderheit hat. Mehr Leistung und/oder Sound als im Alltag üblich. Mehr als fade vier Zylinder in Reihe. Allrad oder Heckantrieb statt allgegenwärtige Frontkratzer. Spannendes Design, historische Bedeutung für die Marke oder einfach nur eine Szene, die das jeweilige Ding für sich entdeckt. Wer hätte vor wenigen Jahren gedacht, dass ein BMW 3er E36 (1990 – 1999) ein gesuchter Klassiker wird? Mittlerweile ist schon die Nachfolge-Baureihe E46 (1998 – 2007) im Aufwärtstrend.

Und noch eines zeigt sich zunehmend – Der Trend hin zum Topmodell, bevorzugt noch als Ausnahme-Exemplar mit besonders geringer Laufleistung und/oder besonderer Farbkombination. So erzählt mir etwa ein Freund, dass zur Zeit fast niemand einfache alte Kisten – unsere deutschen Freunde würden „Brot & Butter-Autos“ sagen – will. Sein Beispiel war der VW Polo II. Als sportliches Topmodell Polo Coupe G40 mit 113 PS ist er locker in fünfstelligen Preisregionen angekommen. Seine zivilen Brüder mit 45 oder 55 PS hingegen will kein Mensch, nicht einmal um dreistellige Beträge. Vor allem dann, wenn der Zustand solala ist und Investitionen erfordert.

Das gilt für den Großteil der einst weit verbreiteten Alltagsautos der 80er und 90er, egal ob das ein Nissan Sunny, ein Renault 21, ein Ford Orion oder ein Fiat Tipo ist. Wir erinnern uns:

Zur Zeit jedoch zeigt sich, dass (…) auf willhaben fast nur noch all jene Autos dümpeln, (…), die B) aufgrund mangelnden Faszinationspotentials zwar einmal tolle Alltagsautos waren, aber als Liebhaberfahrzeug auch im Alter sehr blass bleiben.

Der Liebhaber-Markt saugt diese soliden, aber faden Autos nicht auf. Schon gar nicht zu respektablen Preisen. Selbst die geringe Zahl überlebender Exemplare scheint in Anbetracht der nicht vorhandenen Nachfrage noch zu hoch. Es fällt ohne persönlichen Bezug halt deutlich leichter, sich für einen BMW 325i E30 zu begeistern als für einen Toyota Corolla 1.3 XLi. Aber das nur am Rande. Und so bleiben die Preise zumindest für Autos, die kaum jemand haben will, im Keller. Das kann man für sich als Chance wahrnehmen, günstig in die Szene einzusteigen. Viele leidensfähige Idealisten gibt es aber nicht, die mit Autos, deren Existenz nur geringe Spuren von Faszination enthalten kann, leben wollen. Günstige Preise hin oder her. Womit wir wieder bei den Gründen für die steigende Nachfrage nach spannenden, besonderen Autos der letzten 40 Jahre wären.

L

Veröffentlicht von Lukas

Mit Herz und Hirn - immer hinterm Lenkrad und am Puls der Straße.

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