Jäger und Sammler

Im Endeffekt sind wir das doch alle, oder? Und doch zeigen sich bei genauer Betrachtung beachtliche Unterschiede in der jeweiligen Herangehensweise. Der Versuch einer Analyse.

Die Gier ist ein Hund. Jeder, der schon einmal anwesend war, als ein Flohmarkt aufgemacht oder ein Oldtimer-Teilemarkt seine Tore geöffnet hat, weiß, was ich meine. Da werden die Sammler zu Jägern – es könnte ja der Schnapper des Jahres unerkannt unter all dem anderen überteuerten G´raffl lauern. Gerade unter uns Altauto-Spinnern gibt´s neben den Jägern der verlorenen Schätze aber zwei unterschiedliche Arten von Sammlern. Die Sammler von Autos und die Sammler von Erfahrungen. Wirklich grün sind sich diese beiden Strömungen aber meist nicht.

Der Sammler von Autos ist oftmals ein Romantiker. Er rettet arme Autos vor den Unbilden des Lebens, stellt sie ab und irgendwann, wenn einmal Zeit, Geld, Platz und Muße da sind, werden sie alle restauriert. Oder auch nicht. Ist aber egal. Manchmal macht er es auch aus finanziellen Gründen. Stichwort Wertanlage/Garagengold/Wertsteigerungspotential. Die drei Schreckgespenster der Szene. Aber eines eint das Lager der Sammler – Sie bleiben ihren Fahrzeugen und der Marke treu, teilweise über Jahrzehnte hinweg.

Der Sammler von Erfahrungen ist da deutlich flexibler oder sprunghafter. Je nachdem, wie man es sehen will. Ihm macht es Freude, unterschiedliche Marken und Modelle kennen zu lernen. Und da niemand über unbegrenzten Platz verfügt, muss gezwungenermaßen auch wieder ein Auto verschwinden, um für das nächste Platz zu machen. So wechelt der Fuhrpark häufig. Das Sammeln neuer Erfahrungen und Erlebnisse mit den unterschiedlichsten Autos geht vor.

Wer mich kennt, der weiß, dass ich dem zweiten Lager zuzuordnen bin. Bei mir kommen und gehen Alltags- genauso wie Liebhaber-Autos. Nicht weil ich sie z´sammhau´. Sondern weil ich mir nicht vorstellen kann, mich Jahrzehnte immer mit der selben Marke oder gar mit nur einem Modell zu beschäftigen. Ich bewundere solche Enthusiasten. Und manchmal beneide ich sie auch. Primär um die Tiefe an Wissen, die sich nach so langer Zeit automatisch einstellt. Teilweise auch um die privaten Ersatzteillager, die sich oftmals ganz von selbst entwickeln, wenn man immer nur eine Marke oder ein Modell beackert. Diese Tiefe an Detailwissen wirst du nie erlangen, wenn du flexibel bist und alles einmal probiert haben möchtest.

Bei mir hat es mit dem Führerschein mit Pajeros begonnen. Wenn ich mir heute aber vorstelle, dass ich seit 20 Jahren ausschließlich Pajeros gefahren, gesammelt und gepflegt hätte, legt sich eine bleierne Schwere über mein Gemüt, so als ob mir jemand Handschellen anlegen würde. Ich hätte nie den ganz eigenen Charakter und Charme eines Buick Park Avenue kennen gelernt. Ich wäre nicht mit meinem Camry in die Toyota-Szene eingetaucht. Ich hätte keine Ahnung vom Leben und Leiden mit einem BMW 7er E32. Und ich hätte nie erlebt, welch interessante Begegnungen einem ein Nissan Prairie M10 beschert. Und zu jeder Marke, zu jedem Modell durfte ich interessante Menschen kennenlernen, die teilweise zu Freunden wurden.

Wie farblos und eintönig wäre mein Hobby ohne all diese gesammelten Erlebnisse.

Ich werde oft gefragt, ob es mir nicht leid tue um das eine oder andere verkaufte Auto, das man in dieser Form oder in diesem Zustand wohl nie wieder bekommen könne. Die Antwort fällt dann immer gleich aus – Nein, es tut mir nicht leid. Denn die Erfahrungen, die Erlebnisse, die Begegnungen, all das nimmt mir ja keiner mehr. Und wenn sich ein Garagentor schließt, öffnet sich ein anderes. Oder wie geht der Spruch?

Lukas

Veröffentlicht von Lukas

Mit Herz und Hirn - immer hinterm Lenkrad und am Puls der Straße.

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