Reif für die Insel

Zurück aus dem Urlaub und wider Erwarten trifft mich die heimische Realität mit einem härteren Schlag als gedacht.

Ich bin gelernter Österreicher. Fühl mich bei uns eigentlich wohl. Oder zumindest weiß ich mich in Österreich zu bewegen. Ich kenn die Mentalität und die Denkrichtung hierzulande. Man passt sich an. Was nicht immer gut ist. Aber wer 50 oder mehr Wochen des Jahres in diesem Land verbringt, kann wohl nicht anders. Und dann ist man mal weg.

Eh nicht weit, bloß auf Korsika. Aber trotzdem schön und trotzdem weit genug weg, um das ganze Elend Österreichs zumindest kurzzeitig hinter sich zu lassen.

Das elendige Gejammer, wie schlecht es uns jetzt schon geht, wie furchtbar der Winter werden wird, dass wir uns alle bald unseren Skiurlaub in Tirol oder unser zweites Motorrad nicht mehr leisten werden können, dass Brennholz das neue Klopapier ist, dass Schwedenöfen und Heizradiatoren auf Jahre ausverkauft sind und und und… Ist das nervig, meine Herrschaften. Für unser Suderantentum leben wir eigentlich in einer idealen Zeit. Viel zu Jammern, viel zu lamentieren. Wobei… Das haben wir in der alten Zeit, die nie so gut war, wie sie wieder werden soll, auch schon getan.

Aber klar – Wenn du von deinem Fenster aus aufs tiefblaue Meer schaust, ist deine Seele nicht so grau wie wenn du jeden Tag durch Enzenkirchen oder Eisenerz zur Arbeit fahren musst. Der Urlauber ist entspannt, weil er endlich wo sein darf, wo es schön ist. Und der Einheimische ist entspannt, weil der Urlauber Geld auf sonst recht arme Inseln bringt. Nach einer Woche ohne Fernsehen und ohne Tageszeitungen hast du das ganze Gesuder, die ganze Panikmache und das elende Schwarzmalen fast vergessen, das daheim nicht nur die Medien, sondern auch den Smalltalk dominiert. Der lockere Umgang der Franzosen mit Beulen im Auto, Zigaretten im Zug oder der Trennung des Mülls wäre ja ganz erfrischend. Man könnte dieses Lebensgefühl ja nach Österreich importieren.

Wenn man aber nach einem halben Tag in Österreich schon drei Transporter mit völlig überteuertem Brennholz zu panikschiebenden Haushalten hat fahren und lächerliche Wiener Berufspolitiker aus dem Fernseher hat lachen sehen, ist das leider schnell wieder verschwunden. Und man ist wieder schneller reif für die Insel, als man sich´s gewünscht hätte.

Wobei… Was spricht eigentlich dagegen, auf Korsika auszuwandern? Innerhalb der EU kann ich ja überall ansässig werden. Und schließlich wartet da schon einige Jahre ein beiger Franzose, von mir gerettet zu werden.

Und i wunder mi warum i no‘ da bin
Für’s aussteig’n bin i scheinbar zu feig

Lukas

Veröffentlicht von Lukas

Mit Herz und Hirn - immer hinterm Lenkrad und am Puls der Straße.

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