Krieg der Welten

Ein Bekannter sitzt mit mir am Tisch und es kommt, wie es kommen muss: Das Thema Auto erhitzt die Gemüter und sorgt für eine lebhafte Diskussion. Daran möchte ich euch teilhaben lassen. Herr P. und euer Querlenker (Ql) im Streitgespräch.

Herr P.: Lukas, ich muss dir was erzählen. Ich hab den BMW zurückgegeben und mir jetzt einen Porsche Macan S geleast. Super! Das beste Auto, das ich je hatte. Da sitzt du drin wie im Wohnzimmer. Taugt dir sicher. Den musst du Probe fahren. Ich hab den mit den 354 PS. Super. Ich sags dir. Fahren wir den mal gemeinsam, du wirst begeistert sein. Der ist wie für dich gemacht.

Ql: Ich weiß nicht. Ich interessiere mich eigentlich kaum für Autos, die ich mir eh nicht leisten kann. Was kostet das Ding? 100.000€? Das is´ ned drin.

Herr P.: Ja glaubst du ich bin so blöd und bezahl den? Da lass ich mein Geld lieber an der Börse. Der Macan kostet mich knapp 800 Euro im Monat Leasingrate. Da kannst nichts sagen. Gut, die Versicherung kommt da noch dazu, aber das Ding muss dir das wert sein. Du wirst sehen, dafür gibst du alle deine Kisten her. Was du dir da Geld sparst, wennst nicht mehr die ganzen Reparaturen zahlen musst.

Ql: Alle alten Kisten hergeben und dafür nur ein teures neues Auto fahren? Nein, das ist nichts für mich. Was mach ich denn dann mit meiner Freizeit, wenn ich nichts mehr zum Basteln, zum Konservieren, zum Optimieren und zum Hätscheln habe?

Herr P.: Denk einmal dran – das Image von dem Ding. Auf der Überholspur bist du damit der Chef. Alle fahren sie auf die Seite, keiner drängelt mehr, alle haben sie Respekt vor dir. Nicht so wie mit deinen Kisteln. Der geht wie die Feuerwehr, ist bequem, sicher und deine Kinder sind auch stolz, wenn du sie damit vom Kindergarten holst. Alles richtig gemacht für läppische 800€ im Monat. Dass das nicht jeder macht, versteh ich ned. Aber ich sag´s ja immer – die Leut´ san deppert! *lacht*

Ql: Schau einmal. Meine Kisten sind keine Überholspur-Zampanillos und neidige Blicke von anderen Eltern vorm Kindergarten gibt´s damit bestimmt auch nicht. Nicht einmal mit meinem 3 Jahre alten Alltagsauto. Aber darum geht es mir nicht. Dein Leasing-Porsche ist ein Mietwagen, nicht mehr und nicht weniger. Es ist nicht dein Auto. Du kannst damit von A nach B fahren und das ziemlich gut. Aber da hört es sich auch schon wieder auf.

Herr P.: Ja aber gerade darum geht es doch bei einem Auto.

Ql: Ich bin noch nicht fertig. Ich komm mit meinem Alltagsauto wie auch mit meinen drei Gnadenhof-Kleppern genauso von A nach B, das stimmt schon. Nicht so schnell und nicht so bequem und nicht mit einem so großen Ego wie du, aber doch. Bloß kann ich mit meinen Autos noch sooo viel mehr machen. Ich kann deren Historie recherchieren und Pflege- und Wartungsversäumnisse der Vorbesitzer ausbügeln. Ich kann auf die oftmals komplizierte und im Erfolgsfall sehr befriedigende Suche nach Neuteilen gehen. Ich kann mir für jede Saison ein Projekt vornehmen, das ich mit ihnen dann umsetze. Ich kann damit auf Treffen fahren und lerne interessante Leute mit dem gleichen Knacks kennen. Und ich kann sie kaufen, verkaufen, schlachten oder im Falle eines ungewollten Offroad-Ausflugs einfach meinen Hut rausnehmen und den Rest im Graben liegen lassen. Wie ich will. Weil ich keiner Leasingbank und keinem anderen Geldgeber gegenüber Rechenschaft ablegen muss.

Herr P.: Wenn das wenigstens schöne Autos wären. Ein Testarossa oder ein SL oder so. Aber mit deinen Kisten bist du doch immer nur der Dillo.

Ql: Danke für deine Ehrlichkeit. Aber ich glaube, auch das ist Ansichtssache und sehr subjektiv. Auf meinen Prairie sprechen mich mehr Leute an als dich auf deinen Macan, ganz sicher. Vielleicht macht auch jeder schwarze SUV, der eingespart wird, die Straße zu einem gemütlicheren Platz. Wäre auch einmal eine Überlegung wert. Aber schau einmal, ich glaube jetzt ist der Griller heiß genug. Ich muss mich ums Fleisch kümmern.

Herr P.: Sehr gut, hab eh schon einen Hunger. Ich hol einmal die Kinder.

Pfuh, ein verzweifelt herbeigesehnter Themenwechsel gelingt nicht immer so reibungslos. Aber in diesem Fall ist es optimal gelaufen. Sonst wäre mir der Appetit doch glatt noch vergangen. Und das wäre die wirkliche Tragödie gewesen. Wie soll ich denn sonst meine 75 Kilo halten?

Lukas

Veröffentlicht von Lukas

Mit Herz und Hirn - immer hinterm Lenkrad und am Puls der Straße.

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