Eine alte Kiste überlebt die Jahrzehnte und landet in deiner Garage. Was machst du – Genießen und verschleißen? Oder in den Keller lachen gehen und das Ding erhalten?
Schlossbesitzer wissen genau, was ich meine – Besitz ist mit einer gewissen Verantwortung verbunden. Und wenn einem alte Dinge anvertraut werden, egal ob es sich um Gemäuer oder Blech handelt, stellt sich auch die Frage nach dem Grad der Nutzung. Bei Schlössern und Herrenhäusern primär wegen des geschichtlichen Hintergrunds und der Einzigartigkeit des jeweiligen Bauwerks.

Bei so mancher Kiste ist das aber nicht viel anders. Schließlich gibt´s da draußen Modelle verschiedenster Marken, die nie Klassiker oder Liebhaberautos wurden. Um deren Erhaltung sich keine Szene kümmert. Und die auch nicht in Museen stehen. Wer kann sich etwa noch an einen Honda Quintett, einen Seat Ronda, einen Buick Skyhawk oder einen Renault R9 erinnern? So gut wie komplett ausgestorben. Obwohl sie alle offiziell bei uns in Österreich angeboten und verkauft wurden. Und jetzt fällt euch einer in die Hände. Guter Zustand, 35 Jahre beim Opi in der Garage. Was tun…
Lösung 1: Innenraum rausreißen, Streifen draufsprühen, Startnummer montieren und ab zum Pothole-Rodeo? Ein paar Wochen Spaß und die nach der geilen Zeit zerschossene und verdellerte Gurke für 300€ auf willhaben?

Lösung 2: Oder doch lieber historisch eintragen, Kasko versichern und für ein paar hundert Kilometer im Jahr zu Bewegungsfahrten rausholen? Auf die Gefahr hin, dass die Fahrerei mit Opis Liebling eigentlich gar keinen richtigen Spaß macht?

ad 1: Sicherlich die am häufigsten gewählte Möglichkeit. Weil´s der Weg der geringsten Aufwendungen ist. Der Altauto-Enthusiast hat eine weitere Kerbe am Türstock der Garage. Aber er musste sich weder um eine ordentliche Unterbringung, noch um Wartung, Reparatur oder Pflege kümmern. Die Mehrheit der Altblech-Jünger tickt so. Zumindest dann, wenn es sich um alte Japaner handelt.
ad 2: Der ernste Zugang. Leider sind nur wenige Enthusiasten wirklich dazu bereit, sich langfristig und ohne Rücksicht auf etwaige Kosten-/Marktwert-Rechnungen für ein bestimmtes Auto auf diese Weise aufzuopfern. Doch gerade all jenen, die dazu bereit sind, Autos ohne Lobby auf diese Art zu erhalten, gebührt die Ehre und der Dank der gesamten Szene. Auch wenn sie meist als Sonderlinge im Abseits stehen.
Einen Golf I, einen 107er SL oder einen 911er jeglichen Baujahres muss kein Mensch kaufen, um ihn sich zu erhalten. Die Dinger gibt es wie Sand am Meer, wird es immer geben. Damit kannst du machen, was du willst. Mit einem Ford Mustang aus den 60ern kann die Winterrallye bestritten werden. Der Mercedes-Benz W123er ist ideal für den ganzjährigen Alltag geeignet. Und ein 02er BMW soll zum Rundstrecken-Tool umgebaut werden, inklusive modernem Antriebsstrang? Na los, go on then. Ist ja nichts verhaut, so lange es Spaß macht.

Wenn es sich beim Winterauto, der Pothole-Bitch oder dem Eisrenn-Tracktool aber um ein Modell handelt, bei dem jedes weitere vernichtete Exemplar existenzbedrohend für die gesamte Modellreihe werden kann, hört sich der Spaß und die Lockerheit auf! Dann braucht es die wahren Helden der Szene.
Es gibt aber auch noch einen dritten Weg. Beschritten meist von langjährigen Besitzern selbst. Oft zu erkennen an schwarzen Kennzeichen. Die ihr Auto, das von Enthusiasten als akut vom Aussterben bedroht eingestuft wird, einfach fahren. Weil es halt ihr Auto ist. Punkt. Die sich keine Gedanken um die Erhaltung des Modells oder das Aussterben ganzer Modellreihen machen. Und die folglich auch nicht bereit sind, ihr Auto in die Hände eines Enthusiasten zu veräußern, bevor es zu spät ist. Weil der Marktwert oftmals nicht mit dem Nutzwert des Wagens mithalten kann. Oder weil ihr Zugang zu dem ganzen Thema ein nüchterner ist. Solls auch geben, solche Leute…
Lukas