Dass sich die Szene eines bestimmten Modells oder einer Marke oft irrt, wenn es um marktübliche Preise geht, haben wir ja schon festgestellt. Langsam kristallisiert sich aber auch raus, woran das liegt.
Über den kollektiven Irrtum einer Szene haben wir ja schon ausführlich gesprochen und diskutiert. Ein kurzer Rückblick auf den Artikel von Jänner 2022:
Autos, die von den sogenannten Experten als viel zu teuer abgestempelt werden, verkaufen sich doch. Manchmal sogar ohne besonders lange inseriert zu sein. Dann ist die Überraschung immer groß und die Experten werden kleinlaut oder verdächtig ruhig. Bis das nächste viiiiel zu teure Schätzchen auftaucht. Aber woran liegts?
Mittlerweile scheint sich aber ein Trend abzuzeichnen, den es sich zu beleuchten lohnt – Zahlreiche Quereinsteiger sorgen für einen Schock bei den alteingesessenen Marken-Jungs. Konkrete Beispiele? Gibt´s zuhauf.

Etwa mein ehemaliger Pajero. Von mir inseriert vor einigen Jahren für knapp 14.000€. Die Reaktionen aus der Japan-Oldie-Szene: Viel zu teuer, kauft kein Mensch, wirst ewig drauf sitzen bleiben, du spinnst ja. Eine Woche später war er verkauft. Für 13.700€. Wer hat ihn gekauft? Ein Pajero-Quereinsteiger, der eigentlich einen Land Rover Defender wollte. Der aber festgestellt hat, dass es für unter 30.000€ beim Defender nur Baustellen oder Häusln gibt, keine brauchbaren Autos. Bei meinem Pajero bekommt er für das halbe Geld ein Topfahrzeug – Gekauft.

Ein Toyota LiteAce als Beispiel-Fahrzeug für fantastische kleine Busse, die in den letzten Jahren für die Japan-Oldie-Szene empfindlich zu teuer geworden sind. „Zahlt doch keiner, die spinnen ja.“ Egal ob das ein HiAce, ein L300 oder ein UrVan ist. Die Reaktion ist immer identisch. Und dann ist das Ding plötzlich flott verkauft. Wer kauft das? In vielen Fällen Bus-Quereinsteiger, die einen VW T3 wollen. Die dann aber schnell feststellen, dass es beim T3 für viel Geld mehr Kraxn und geschminkte Leichen als gute Autos gibt. Und dann kommt da ein schöner, gepflegter Toyota/Mitsubishi/Nissan/Mazda-Bus des Weges. Für das halbe Geld oder noch weniger. 3, 2, 1 – seins.

Ein simples Allrad-Fahrzeug mit Spaß-Garantie solls sein? Ein Audi 80 quattro wär eine Idee. Nur echt mit Fünfzylinder. Kosten als B2 mittlerweile immer über 15.000€, wenn sie halbwegs brauchbar sein sollen. Gern auch mehr. Und dann kommt da plötzlich ein selbstbewusst inserierter Subaru 1800/Leone des Weges und schon schnappt der VAG-Mann zu. Nicht aus Leidenschaft oder Überzeugung. Sondern weil er da Fahrspaß, Boxersound & Winter-Gaudi für deutlich weniger Geld bekommt.
Nur drei Beispiele, die immer noch für große Überraschungen in der preissensitiven Szene sorgen. Zwei Punkte fallen dabei sofort ins Auge:
- Dieses Phänomen gilt in der Regel nur für Autos, die neben ihrem Dasein als Fahrzeug noch etwas Besonderes können. Die besonders sportlich, besonders schlechtwettertauglich, besonders geräumig oder einfach nur besonders besonders sind. Für 0815-Kisten gilt das nicht. Niemand kauft sich einen Mazda 323 BD, weil er sich keinen Golf 1 leisten kann.
- Für japanische Autos wiederholt sich ein Phänomen, das schon bei der Markteinführung aufgetreten ist und mit dem teilweise sogar aktiv geworben wurde. Das japanische Auto als günstigere Alternative zum etablierten Mainstream-Klassiker, den man eigentlich lieber hätte, sich aber nicht leisten kann oder will.
Und natürlich verändert dieses Phänomen den bisher sehr kleinen Markt. Einen Markt, der bisher von einigen wenigen Enthusiasten bestimmt war, die bei richtigen Schnappern zugegriffen, selbstbewusst gepreiste Autos aber milde lächelnd ignoriert haben. Und die jetzt mit großen Augen sehen, dass sich eine neue Käuferschicht auftut, die zu allem Übel bereit ist, die selbstbewussten Preise auch zu bezahlen. Primär, weil sie von Marken kommt, bei denen das Preisniveau noch einmal ganz andere Dimensionen angenommen hat.
Lukas
Nur trifft dieser Quereinsteiger-Schock genau das Klientel, ohne dem der Erhalt solcher Nippon-Juwelen nicht möglich gewesen wäre. Jemand der mit Müh und Not seine Japanperle all die Jahre top erhalten hat, sieht sich jetzt erstmals dafür belohnt, da der Markt es nun hergibt, einen einigermaßen angemessen Preis für seine Hingabe zu erwirken, dieser jedoch, wenn man ihn mit anderen Fahrzeugmarken vergleicht, immernoch weit hinterherhinkt. Ein anderer Japan-Huldiger kann die neue Preisgestaltung aber oft nicht verstehen, geschweige denn den Wuschpreis bezahlen. Anders herum glaube ich daher nicht, dass ein Landrover Fahrer einen gut erhaltenen Pajero zu schätzen weiß, eher bin ich wie Du der Meinung, dass es wie auch damals schon, das Preis-/Leistungsverhältnis ist, warum man sich für solch ein Mobil entscheidet. Suchfilter auf Geländewagen/wenig KM/Allrad/bis BJ2000/bis 15k€. Und dann wird Bildchen geschaut, vielleicht der Wiki Eintrag studiert und zugegriffen. Hier wird dann oft nicht mehr aus Markenzugehörigkeit oder Liebe zu altem japanischen Kulturgut entschieden, nein, irgendwas im hintersten Winkel des eigenen Rechenzentrums sagt „Hey, der Wagen hat jetzt 30 Jahre am Buckel, ohne nennenswerte Abnutzungserscheinungen, das wird der doch locker noch mal schaffen! Gute alte Technik!“. Die wenigsten denken dabei daran, dass die kommenden Jahre aber eine enorme Herausforderung darstellen, einen solchen, mittlerweile schon exotisch auftretenden, Wagen zu erhalten. Aber jedem das Seine. Andererseits hoffe ich mich zu irren und der neue Besitzer verfällt dem unwiderstehlichen Charme des Schlechtwegegefährts und baut eine innige Bindung zu ihm auf, aber solche Liebesgschicht’n gibt es immer seltener. Meist ist kurz nach dem Kauf die Euphorie dahin und immer kürzer werden die Zeiträume in denen der Mensch Freude und Befriedigung empfindet, abgestumpft durch die Reizüberflutung die uns jeden Tag mehr und mehr kaputt macht… und der Kadaver zückt sein bunt leuchtendendes 6 Zoll Glücksgefühlausschüttungsgerät… phantasiert über die ach so schöne Zeit… und eigentlich… Zeit kann mir doch wirklich niemand in Geld aufwiegen… So ein Landrover ist halt schon ein richtiges Auto… wieso habe ich mir jetzt eigentlich diese Reiskocherkiste in den Hof gestellt… Ich hatte ja doch alles… Mal sehen was der auf Willhaben so bringt… Huch, da kann ich ja locker 20k verlangen… Dann leg ich halt noch mal 10k drauf… Sch.egal… Und dann hol ich mir einen schönen Landi <3… Geld ist ja sowieso nichts mehr wert…
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