Das Beste aus „The way of drive“ – Teil 3

Ab sofort gibt´s immer wieder mal einen Rückblick auf die beliebtesten Artikel von „The way of drive…“. Meinem ersten Versuch, mir als Motorjournalist einen Namen zu machen. Ausgezeichnet mit dem „Goldenen 07er-Kennzeichen 2015“.

Den dritten Platz auf der ewigen Bestenliste der beliebtesten Artikel meines ersten Blogs belegt ein ganz klassischer Fahrbericht, der vor exakt 5 Jahren online gegangen ist. Wobei… So ganz klassisch war der gar nicht, der Fahrbericht. Aber lest selbst. Ich hab euch alle drei Teile zu einem Artikel zusammengefügt. Viel Spaß!

Wer oder was ist Fulu?

Erstellt am Mai 12, 2016 von Lukas

Fulu, das süße Panda-Baby. Große runde Augen, ein treuherziger Blick, einfach zum dahin schmelzen. Kindchen-Schema par excellence. Der kann keiner Fliege was zuleide tun.

Nur leider heißt der kleine Panda Fu Long und ist schon lang kein Baby mehr. Fulu hingegen schaut zwar auch süß aus, ist aber ein hinterhältiges Biest. Davon später mehr.

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Ist er nicht herzig? Er, das ist der Fulu City Pick-Up. Ein Lastendreirad aus China, das aussieht wie ein alter Daewoo Matiz, dem ein Opel Campo ins Heck geknallt ist. Zu fahren mit den Führerscheinklassen A und/oder B.

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Der Motor versteckt sich übrigens nicht unter der windschiefen Klappe zwischen den Glupschaugen, sondern unter der kippbaren (!) Ladefläche. Der rumpelige Zweizylinder-Benziner mit 600 Kubik leistet angeblich 34 Pferdchen und die haben Mühe, den leeren Fulu durch die Lande zu bewegen. Gut, ist ja auch 760 Kilo schwer, das Ding. Wovon mindestens 200 Kilo auf das Konto der Heckstoßstange gehen, die irrsinnigerweise sogar serienmäßig ist.

Der optisch nicht so ganz optimal dazupassende, irrsinnig praktische und wahnsinnig hässliche Koffer am Heck ist übrigens nicht serienmäßig, macht aber als Hardtop für die Ladefläche Sinn. Verdreifacht es doch das mögliche Ladevolumen. Nur ob sich das Ding mit den erlaubten 500 Kilogramm Zuladung immer noch vom Fleck bewegt, hab ich nicht ausprobiert. Denn der Fulu, der ist schon mit äußerster Vorsicht zu genießen, wenn man nur alleine fährt.

Für meine Leser habe ich es aber trotzdem gewagt, hab mich in die Dose gezwängt und bin zu einer Probefahrt aufgebrochen. Ich sag euch was, das war ein Abenteuer! Ich und das „Fulu City Pick-Up„-Lastendreirad auf Probefahrt. Oder eher umgekehrt. Soviel Nervenkitzel erlebst du selbst mit einem Lamborghini nicht.

Der Händler drückt mir die Fulu-Schlüssel mit dem Hinweis in die Hand, auf den ersten Kilometern vorsichtig zu sein. Also, so richtig vorsichtig! Denn zu den systemimmanenten Eigenheiten eines Dreiradlers, die nur noch hochbetagte Reliant-Fahrer kennen, kommt beim Fulu noch so manche… hm, nennen wir es… Unzulänglichkeit der chinesischen Technik.

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Auf den ersten Blick schaut der Innenraum gar nicht sooo verkehrt aus. Ein modernes Armaturenbrett mit formschönem Lenkrad und auch ausstattungsmäßig gibts nichts zu meckern. Fensterheber, CD-Radio, Ausstelldach, Funkfernbedienung, Drehzahlmesser. Alles Serie. Airbags oder eine Klimaanlage hab ich nicht gefunden.

Beim Einsteigen fällt mir auf, dass die Tür nicht gscheit zugeht, wenn ich drin sitze. Könnte etwas mit meiner Figur eines Wiener Pferdefleischhauers (188cm groß, > 90kg) zu tun haben. Oder mit der zu wuchtigen Türverkleidung. Weil ich Diäten hasse, schieb ichs auf den Fulu, mach mich schlank und schon passts. Ich sitz zumindest mal drin.

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Doch das Platzproblem zieht sich wie ein roter Faden durch. Die Pedale stehen so eng beisammen, dass ich mit meinen Waldviertler Gutmenschenschuhen alle drei Pedale gleichzeitig treten kann. Das kann ja heiter werden.

Heiß ist´s in der Kiste. Also würd ich gern das Gebläse auf Kalt stellen. Hmmm, bis auf ein Drehrad, dass die Stärke des Gebläses regelt, finden sich aber nur Blind-Schalter auf der Mittelkonsole. Beim Druck auf den Knopf mit dem Gebläsesymbol passiert nichts, sonst gibts keine Bedienelemente. Ich weiß bis heute nicht, wie man Wärmer oder Kälter, zur Scheibe oder zu den Füßen stellt.

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Egal, dafür gibts ja ein nachträglich reingeschnittenes Glasdach, das man aufstellen kann. Genau so eins, das unzählige Opel Manta B und Ford Capri in den 1980er Jahren entwertet hat. Doch es gibt einen guten Grund für die Anwesenheit der Luke: Im Fulu stinkts penetrant nach Chemieunfall. Ein Duftcocktail aus Lösungsmitteln, Kunststoffen und chemischen Ausdünstigen aller Art, der bei geschlossenen Fenstern innerhalb von wenigen Minuten zu Kopfschmerzen und Schwindel führt. Also geht´s mit offenen Fenstern auf Tour.

Hustend und keuchend springt der Zweizylinder nach längeren Orgeln an, schüttelt sich ordentlich *Tuck Tuck Tuck* und nimmt dann doch Gas an. Noch den ersten von vier Gängen suchen und ab gehts…

Der Zweizylinder unter der Ladefläche rüttelt und schüttelt sich, ab geht´s auf die Piste. Nur noch eine schräg über die Ausfahrt verlaufende Regenrinne trennt Fulu und mich von der Freiheit der Straße. Und beim Durchfahren der Rinne passierts dann auch schon: Fulu lehrt mich, was es heißt, dreispurig unterwegs zu sein. Das Vorderrad kippt in die Rinne, die Fuhre neigt sich zur Seite und kippt dann wieder in die gegengesetzte Richtung. Im Innenraum fühlt sich das an, als ob die ganze Kiste umfallen würde:

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Oh Gott, das war hart. Mit einem zweispurigen PKW merkst du diese Rinne fast gar nicht. Im Fulu aber ist schon jetzt die Hose voll. Gut, liegt am Dreirad-Konzept, da kann der keine Panda nichts dafür. Durchatmen, am besten beim Fenster raus wegen dem Chemieunfall-Geruch, und los gehts. Aber wenn das bloß so einfach wäre. Das Getriebe ist an Unexaktheit und Schwammigkeit nicht mehr zu überbieten, Das Einlegen des dritten Gangs gleicht diesen Geschicklichkeitsspielen mit den kleinen Kügelchen, die alle in die Löcher müssen.

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Also gehts gleich von der Zweiten in die Vierte. Welche Drehzahl grad anliegt, lässt sich dabei nicht so ganz genau sagen, weil Tacho und Drehzahlmesser der Realität um einige Sekunden nachhinken. So kanns etwa passieren, dass der Motor grad mit 5500 Umdrehungen in den Begrenzer röhrt, während der Drehzahlmesser erst die 4000 Touren überschreitet. Doch irgendwann, da fährst du 80 Stundenkilometer. Vmax. Die sich anfühlt, als würdest du 200 fahren:

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Die leichte Steigung, die man sonst nur im 200er Diesel-Benz merkt, beendet den Geschwindigkeitsrausch aber recht schnell. Gleich zurückschalten, bevor der Schwung ganz weg ist. Aber wo ist dieser verdammte dritte Gang? *Kratz* *Krach* Blödes Geduldsspiel! Der Holzlaster im Rückspiegel wird immer größer… *Ratsch* *Kratz* Da ist nichts! *Kratz* *Ratsch* Verdammt, die Fuhre wird immer langsamer! Also schnell auf die Zweite ausweichen. *Rööööhr* Ja, zieht wieder. Pfuh!

In solchen Momenten bist du froh, dass man den Fulu nur mit offenen Fenstern aushält. Sonst wäre das Hemd spätestens jetzt durchgeschwitzt. Herrschaften, ist das Getriebe mies. Dass der Retourgang meistens auch nicht dort zu finden ist, wo er laut Schalthebel sein müsste, dürfte da nicht mehr verwundern.

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Nach 10 Kilometern reichts mir, ich fahr wieder zum Händler zurück. Vorher aber noch ein kurzes Dankeschön bei der obersten Instanz, dass ich das gut überstanden habe…

Auch der Händler kennt die gelinde gesagt eigenwilligen Fahreigenschaften des Häusls und ist froh, dass ich ihm das Ding wieder in einem Stück zurück bringe. Schließlich soll der Fulu City Pick-Up ja auch noch verkauft werden. Wieviel das Ding kostet? Der Preis auf der Scheibe ist nicht ganz realistisch, soviel sei gesagt. Mit Hardtop kommt er auf 10.250 Euro. Dazu nur soviel:

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Lukas

War schon lustig, die wilde Fahrt. Mich wundert es nicht, dass sich diese Dinger hierzulande nicht durchgesetzt haben. Was wohl aus dem roten Fulu geworden ist? Im Idealfall ist er auf irgend einem Container oder Hallendach zum Werbeträger umfunktioniert worden und macht nicht immer noch den heimischen Straßenverkehr unsicher.

L

Veröffentlicht von Lukas

Mit Herz und Hirn - immer hinterm Lenkrad und am Puls der Straße.

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