Ich hab´ schon länger geschwärmt, hatte bei jedem flüchtigen Kontakt Herzerl in den Augen. 2009 ergab sich ein kurzes Intermezzo, aus dem aber nichts wurde. Erst 2013 sind wir dann endlich zusammengekommen. Aus der Liebe auf den ersten Blick wurde aber schnell Enttäuschung, über die ich 10 Jahre später immer noch nicht hinweg bin.
Mir hat er schon immer gefallen, der Volvo S80 der ersten Generation, gebaut in Torslanda bei Göteborg von 1998 bis 2006. Seine ausgeprägte Schulterlinie, sein gänzlich unaggressives G´schau und die klassische Limousinenform haben mich immer schon sehr angezogen. Auch, weil man mit dem Ding überall gut angezogen ist. Das Design des ersten S80 geht zurück auf das „Volvo ECC Concept“ von 1992 und stammt aus der Feder des Briten Peter Horbury.


Robust und hochwertig gebaut soll er auch sein, der erste S80. Erstklassiger Rostschutz, dicke Lackierung, Teilverzinkung und Motor- wie auch Hinterachsträger aus Aluminium. Wo gibts das sonst? Und wenn man sich dann für einen der aerkannt robusten Volvo-Fünfzylinder-Motoren entscheidet, geht sowieso nichts mehr schief, oder? So dachte ich zumindest.
Im Frühling 2009 waren es endlich soweit, der S80 und ich starteten unseren ersten Versuch. Ein ehemaliges Direktionsauto der Papierfabrik Sappi aus Gratkorn, angeboten vom damals im Raum Graz sehr bekannten Volvohändler Reiterer, hätte es werden können. Vollausgestattet mit Leder, Autotelefon, Standheizung und allerhand anderem Zeugs, minutiös gewartet und sehr gepflegt, stand er da und wartete drauf, mich zum Volvo-Fahrer zu machen.



Leider war´s ein D5, sprich ein Diesel. Und mir wurde schon damals klar, dass ich moderne Dieselmotoren nicht leiden kann. Also wurde nichts aus uns beiden. Aber die Probefahrt, die hab ich nicht vergessen. So fantastische Sitze kannte ich aus keinem meiner Japsineser. Das serienmäßige Soundsystem war besser als alles, was ich bis dahin in einem Auto erlebt habe. Dass das erste Lied gleich „Nothing compares 2 U“ von Sinéad O’Connor war, hat wie die Faust aufs Auge gepasst. Ich war verliebt.
So wirklich aus dem Kopf gegangen ist mir der alte Schwede nicht mehr. Und 2013 – nach meinem Umzug nach Wien und dem Verkauf meines mit 269.000km immer noch absolut zuverlässigen Subaru Legacy – wurde mir bewusst, dass ich plötzlich zwei Volvo-Spezialwerkstätten in meiner Nähe habe. Den über die Grenzen Österreichs bekannten „Volvo Amon“ in Hafnerbach bei St. Pölten und die Volvo-Spezialwerkstätte „Vater“ („Der Vater wirds scho´ richten!“) in der Staudgasse im 18. Bezirk. Quasi in Gehdistanz meines damaligen Wohnorts. Also hab ich beim Volvo Amon angerufen und gefragt, ob sie einen S80 für mich haben.
Zwei Tage nach meinem Anruf war ich schon auf dem Weg nach Hafnerbach am Dunkelsteiner Wald, um mir einen 99er S80 2.4 Automatik anzuschauen. Ein Basismodell mit 140 PS Benziner, bis auf die Edelvelours-Innenausstattung und das Automatikgetriebe kaum Extras. Aber in Fehlfarbe Fjordblau. Schon über 200.000km auf der Uhr, aus hochbetagter Wiener Ersthand und mit Amon-Wartungshistorie. Schon vor der Probefahrt hab ich gewusst, dass wir zusammengehören. Jetzt oder nie!




Ich war im siebenten Auto-Himmel. Die Audioanlage war auch in meiner Basisversion fantastisch, die Sitze bei jedem Einsteigen eine Offenbarung. Ich als Landei hab mich selbst im Wiener Stadtverkehr stets geborgen gefühlt. Egal ob wir nur ins Döblinger Hallenbad auf die Hohe Warte oder heimwärts in die Steiermark gefahren sind, es war jede Fahrt eine Freude. Tacho 140 mit knapp über 2500 Umdrehungen auf der A2 können meditativ sein.

Beim Fjordblauen waren auch allerhand Rechnungen mit dabei, zusätzlich zum Serviceheft. Und beim Durchschauen eben jener ist mir aufgefallen, dass da drei Pannendienst-Quittungen vom ÖAMTC darunter sind. Hmmm, das hätte ich vielleicht vor dem Kauf checken sollen. Aber noch dachte ich mir nichts dabei. Auch als mein alter Schwede nur wenige Wochen nach dem Kauf nur noch auf vier von fünf Zylindern läuft, war ich noch guter Dinge. Er hat uns trotzdem von Laxenburg nach Hause gebracht, für den Vater in der Staudgasse war das eine leichte Übung. So eine Zündspule kann schon einmal eingehen, nach 215.000km. What shells, sagt der Grieche.

Der Fünfzylinder mit seinem sonoren Gebrummel hat mich eingelullt, würden unsere deutschen Freunde sagen. Ich hab sogar noch das Getriebe spülen lassen. Weil der bleibt länger! Die letzte große Fahrt, vier Monate nach dem Kauf, ging durchs Wald- und Weinviertel. Ein langes Wochenende entlang der Grenze, mit Burgentour von Litschau über Heidenreichstein bis Hardegg und Retz. Eh spannend, wenn auch verregnet.




Aber der S80 hat wieder auf ganzer Linie überzeugt. Großartiger Langstreckenkomfort, fürstlich Platz für vier Erwachsene samt Gepäck und selbst der kleine Motor war immer kräftig genug. Reisen statt rasen, es könnte kein passenderes Auto zu dem Spruch geben.
Ein paar Wochen später gehts in die Steiermark. Und das Unheil nimmt seinen Lauf. Das erste Mal verweigert er den Motorstart nach Pinkelpause in der Pampa. Um sich dann aber wieder zu fangen und doch zu funktionieren. Leider nur bis zur nächsten Fahrtunterbrechung, die von einem geplanten zu einem ungeplant langen Zwischenstopp geworden ist.


Was er wirklich hat, weiß keiner so genau. Mal funktioniert er ganz normal, plötzlich nicht mehr. Ohne Warnlampe, ohne Eintrag im Fehlerspeicher. Dann läuft er wieder. Nach dem Abholen aus der Werkstatt, die Steuergeräte auf Feuchtigkeit und Korrosion kontrolliert, Sicherungen gecheckt, Relais durchgemessen und ein paar Sensoren getauscht hat, läuft er großartig. Um am nächsten Tag schon wieder keinen Mucks mehr zu machen. Bequemer und gemütlicher hab ich nie auf den ARBÖ wartet. Nach ein paar Wochen mit unterschiedlichsten Fehlermeldungen, eigenwilligen Symptomen, verwirrten Mechanikern und hohen Reparaturrechnungen hab ich die Notbremse gezogen und das Ding entnervt als „Fahrzeug defekt“ an einen Export-Aufkäufer verkauft. An dem Tag ist er großartig gelaufen, er hatte noch fast ein Jahr Pickerl. Der Aufkäufer muss gedacht haben, ich spinne.
Ein paar Wochen später ruft er mich entnervt an – Er steht in Wien am Gürtel, der Volvo startet nicht mehr.
Danach kam ein völlig problemloser Mazda 6, ein zuverlässiger Pajero und allerhand andere Autos. Keines hat mich stehen lassen. Aber den S80 kann ich bis heute nicht vergessen. Also schau ich mir regelmäßig an, ob ein schöner alter Schwede inseriert ist, der meine enttäuschte Liebe kitten kann. Aber ich dürfte mit meinen Problemen nicht alleine sein:


Das sind nur zwei von unzähligen Beispielen für inserierte S80 der letzten Jahre, die mit Elektronikproblemen oder mysteriösen Startversagern gestrandet sind und von ihren verzweifelten Besitzern verkauft werden.
Die Grundzutaten wären beim S80 ideal. Nachhaltig, hochwertig, zeitlos. Ein idealer Youngtimer für jeden Tag, der Freude macht, wenn er fährt. Nur der Kupferwurm macht ihm den Garaus. Schade.
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